Samstag, 4.8.2018 Von Chobe Safari Lodge nach Savuti Camp
Heute soll sich nun zeigen, was Dieters so gründlich ausgewählter Toyota mit Vierradantrieb wirklich kann. Circa 180 km liegen vor uns, die man in etwa viereinhalb Stunden schaffen soll. Wir kommen zu einer Polizeikontrolle. Die Polizistin tadelt Dieter, dass er nicht vor dem Stop-Schild angehalten hat und lässt ihn mit humorloser Miene, die uns an frühere DDR-Kontolleure erinnert, tatsächlich drei Meter zurückfahren. Sie ist genau der Typ von Frau, den Dieter absolut nicht abkann, und ich befürchte schon das Schlimmste. Aber alles geht gut. Wir versichern, dass wir harmlose deutsche Touristen sind, keine Waffen und kein Frischfleisch mitführen und selbstverständlich beim nächsten Stoppschild ordnungsgemäß halten werden. Nachdem Dieter auch noch seinen Führerschein gezeigt hat, dürfen wir passieren. Die ersten 50km sind kein Problem: Asphaltstraße. Links vereinzelt kleine Dörfer, rechts flaches Land bis zum Horizont, keine oder tote Bäume, es scheint, dass dieses Gebiet im afrikanischen Sommer unter Wasser steht.
Bei Kachikau fängt unser bisher so zuverlässiges Navi plötzlich an, verrückt zu spielen, will uns dauernd irgendwohin hinleiten, wo gar keine Straßen sind. Wir fragen jemanden, „Nach Savuti?“ - „Yes, straight ahead“. Es dauert nicht lange und wir befinden uns auf einer Sandpiste. Die Richtung stimmt. Premiere für unseren Vierradantrieb. An einer Weggabelung kommt uns ein Auto auf der anderen Piste entgegen. Es ist eine deutsche Familie. Wir sollen auf ihrem Weg immer geradeaus fahren. Es sei allerdings sehr sandig. Okay. Wir lassen Luft aus den Hinterreifen ab, d.h. Dieter macht, ich gucke zu und passe auf, dass nicht zufällig gerade ein Löwe vorbeikommt. Die Arbeitsteilung klappt soweit. Nach ein paar Kilometern kommen wir an einer Lodge und an einem Baobab-Baum vorbei, der verspricht, von schlechtem Karma zu befreien, wenn wir ihn umarmen. Machen wir!
Plötzlich liegt eine tote Giraffe mitten auf der Fahrbahn. Das Leben ist endlich, auch für Giraffen. Nachts werden die Hyänen kommen und sich über den Kadaver hermachen, die Geier sitzen schon auf dem Nachbarbaum. Und wir sind noch nicht einmal im Naturpark, nur in Botswanas ganz normaler Wildnis. Wir fahren vorsichtig vorbei. Der Weg wird immer enger, keine Wendemöglichkeit mehr. Irgendwann treffen wir auf die angekündigte breite Sandpiste. Dieter hält an, wir versuchen uns zu orientieren. Gegenüber steht auf einem Stein geschrieben, dass es bis zum Parkeingang Ghoha 18 weitere Kilometer sind. Allerdings nicht auf der breiten Straße, wie wir vermutet haben, sondern gegenüber, die Weiterführung unserer schmalen Sandpiste. Das kann doch nicht wahr sein! Dieter entscheidet, trotzdem diesen Weg zu nehmen. Ich möchte lieber warten, bis wir die Route auch auf der Karte gefunden haben. Immer ist Dieter schneller! Schon das Anfahren gestaltet sich als schwierig. Wir schaffen es und 18 km Tiefsand liegen vor uns, es gibt kein Zurück. Nach fünf Minuten wird Dieter nervös, die Öllampe leuchtet auf. Bei Eckehard in Swakopmund hatte mein technikversierter Geliebter schon beobachtet, dass auch dem geübtesten Sandfahrer so etwas passieren kann, nachdem wir in den Dünen steckengeblieben waren, und er daraufhin den Motor eine Weile ausgeschaltet hatte. Das macht Dieter nun auch. Meine Nerven liegen ziemlich blank. Aber es klappt. Weiter geht’s, diese furchtbare, einspurige Sandpiste entlang, jeder Kilometer fühlt sich an wie eine Ewigkeit. Aber die Öllampe ist aus. Niemand kommt uns entgegen, niemand ist hinter uns. Ich versuche meinen Mund zu halten, um Dieter nicht noch mehr zu belasten. Wir erreichen das Gate in time, gegen 12:30 Uhr. Das Glück war mal wieder mit uns. Wir bezahlen unsere Nationalparkgebühren und erreichen schon um halb zwei das Savuti Camp, die teuerste Unterkunft, die wir je auf einer unserer Reisen gebucht haben. Aber etwas anderes war nicht zu kriegen. Zunächst passieren wir ein Tor, in dem drei etwas schläfrige Botswanerinnen sitzen, bis sich schließlich die eine bequemt, aufzustehen, und unsere Buchung zu überprüfen.
Wir sollen in die Einfahrt mit der Aufschrift „private, no entry“ fahren. Dort werden wir von Jessie, einer forschen Botswanerin und Managerin des Camps per Handschlag begrüßt, uns wird das Servicepersonal vorgestellt und gleich darauf werden wir darauf hingewiesen, dass sie uns erst später erwartet haben, aber Ntina, die neue Bedienung, könnte uns auch jetzt schon einen kleinen Snack bereiten. Wir nehmen das Angebot dankbar an. Als das Brot, etwas Obst und Kaffee bereit stehen, stellt Ntina sich uns zum zweiten Mal vor, als würden wir sie noch gar nicht kennen. Merkwürdig! Es kommt uns alles etwas auswendig gelernt, unnatürlich und gestelzt vor. Wir fragen, ob wir eventuell heute Nachmittag an einer Safaritour teilnehmen können. „Nein, Jessie, wir haben das nicht gebucht, aber es könnte doch vielleicht noch ein Platz frei sein?“ Sie muss ihren Chef fragen, was das extra kostet. Ist uns inzwischen egal, wir wollen hier etwas gezeigt bekommen. Unser Zelt ist großartig. Erst mal Open air duschen und sich freuen, dass wir es geschafft haben.
Es wird eine Safaritour nur für uns geben, und als wir um 16 Uhr mit unserem Guide, er heißt Onx, aufbrechen, ist mir leicht schwindlig und etwas schlecht. Es wird besser, als der Fahrtwind Kühlung bringt, und als wir zu einer ganzen Löwenfamilie gefahren werden.
Es ist einfach unglaublich wie nah wir diesen schönen, gefährlichen Tieren kommen können, nur weil wir in einem Fahrzeug sitzen, das seitlich allerdings offen ist. Atemberaubend, es hat sich gelohnt! Dieter bucht gleich eine weitere Frühmorgenstour, ich entscheide mich, lieber auszuschlafen, Yoga zu machen und zu relaxen.
Um halb acht versammelt sich die erlesene Gästeschar, vier Französinnen, zwei ältere südafrikanische Schwestern, ein belgisches Ehepaar, beide etwas aufgehübscht, zum Dinner. Mit einem etwas gewollt afrikanischen, drittklassig präsentierten Gesang werden wir an einen großen für alle gedeckten Tisch gebeten. Schnell ist klar, dass alle anderen per Flugzeug angereist sind, nur wir im Camper. Wir passen hier nicht her. Dann stellt sich Ntina zum dritten Mal vor, auch der Koch – was soll das? Es gibt ein ganz normales, schlichtes 4-Gänge-Menü, ein Rinderfilet, Gemüse etc., nichts dem Preis entsprechend Besonderes, und wir versuchen mit diesen Menschen ein wenig Smalltalk zu halten. Der Belgier erzählt von seinen künstlichen Augenlinsen, die er sich hat implantieren lassen, die vier Französinnen talken mit dem angeblichen Boss des ganzen, der mit ihnen auf Privatsafari war, und sich standesgemäß an den Kopf der Tafel platziert hat, Jessie, die studierte Hotelfachfrau, wie ich erfahre, sitzt mir stolz distanziert gegenüber, unser netter Guide, Onx ist nicht dabei. Zum Glück ist der Schmaus irgendwann vorbei. Wir werden von einer Servicekraft zu unserem Luxuszelt gebracht, und als ich versuche, den Ventilator auszuschalten, bricht die gesamte Elektrik zusammen, und wir sitzen im Dunkeln. Da Dieter schon im Schlafanzug ist, gehe ich mit Stirnlampe bewaffnet noch einmal zum Esszelt, und erwische gerade noch Jessie, die sich für die Unannehmlichkeiten entschuldigt und mich genervt mit zwei Gaslampen ausgerüstet zurückbringt. Wir können endlich schlafen.