Freitag, 27.7.2018 Von der Mobuti Etoscha Lodge nach Tsumeb
Wir machen Yoga in unserer geräumigen Lodge und lesen oder schreiben in dieser so herrlich komfortablen Anlage, relaxen auf Liegen im Schatten am Pool, aus dem Servicekräfte alle 15 Minuten die von Bäumen herabgefallenen Blätter fischen. Urlaub in Afrika.
Erst gegen halb vier entschließen wir uns, nach Tsumeb aufzubrechen. Neben uns fährt ein Güterzug auf einem Schienennetz, das schon zur Kolonialzeit gebaut wurde, also Ende des 19. Jahrhunderts, und das seitdem auch nur an einer Stelle erweitert wurde, von Tsumeb zur angolanischen Grenze. Gegen fünf Uhr passieren wir die Vorortslums von Tsumeb und erreichen unsere Pension nach einer Fahrt durch eine gepflegte Straße mit rot-pink blühenden Pflanzen in den Gärten, die über die Zäune oder Mauern ragen. Wir werden von einer freundlichen, farbigen Angestellten in Empfang genommen, und dann begrüßen uns auch die Besitzer: ein weißer Südafrikaner und eine weiße Namibierin, beide so um die vierzig, beide wirken großstädtisch modern, und sehr distanziert. Wir sind in einem ehemaligen Theater gelandet, unser Gepäck wird vom ältesten Sohn durch den riesigen Zuschauerraum mit an die fünfhundert Plätzen, über die Bühne, backstage hinauf getragen zu unserem Zimmer. Es sind die ehemaligen Umkleideräume der Darsteller. Um sieben finde eine Filmvorführung statt mit anschließendem Grillabend, an dem wir teilnehmen können. Okay. „Dann sollen wir also während des Films durch den Zuschauerraum in den Garten gehen?“ – „Kein Problem“.
Unser Zimmer ist stilecht eingerichtet. In dem großen Bad sind zwei Duschen hintereinander installiert. Super, dann müssen wir uns ja gar nicht mehr für die Dusche anstellen! Um sieben wagen wir den Auftritt auf die Bühne. Der Zeichentrickfilm „Gnome Alone“ läuft auf der Leinwand und der gigantische Zuschauerraum ist leer. Nein, ganz hinten in der Ecke sitzen zwei, drei und auf der anderen Seite noch einmal fünf Kinder oder Jugendliche, alles Weiße wohlgemerkt. Ist solch eine Filmpräsentation etwa das einzige Event in diesem wunderbaren Theater, das ein oder zweimal freitags im Monat stattfindet? Oh Mann, was könnte man daraus alles machen! Die jetzigen Besitzer haben das Theater, das ursprünglich der Tsumeber Minengesellschaft gehörte, vor einem Jahr gekauft. Das Gebäude stand jahrzehntelang leer, nachdem die Minengesellschaft in den neunziger Jahren konkurs gegangen war. Früher war es ein gut besuchtes Kulturzentrum, Kino und Theater für die vielen Minenarbeiter der florierenden Stadt Tsumeb. Die neuen Eigentümer haben sowohl der Außen- als auch der Innenfassade einen neuen Anstrich verpasst und sind immer noch dabei, alles zu einer äußerst originellen Pension umzugestalten. Wir bleiben lange Zeit die einzigen Gäste im umzäunten Vorgarten. Unsere Gastgeber unterhalten sich mit zwei, drei Freunden am Grill, wir werden von ihnen lediglich gefragt, welches Grillfleisch wir denn gern hätten und darauf aufmerksam gemacht, dass wir uns am liebevoll angerichteten Salatbüfett und dem frisch gebackenen Brot bitte selbst bedienen mögen.
Dann treffen doch noch weitere Gäste ein, eine weiße Frau und ein Farbiger mit einem Kleinkind. Sie sprechen Englisch. Wie gehören die drei wohl zusammen?
Der Vollmond steht direkt über uns. Aber was passiert denn da unten an der rechten Ecke? Da schiebt sich doch ein Schatten vor? Ja natürlich, jetzt fällt es mir wieder ein: unsere Yogafreunde haben heute in Hamburg zu einem Mondfinsternisübernachten auf ihrer Dachterrasse eingeladen, und wir können nicht dabei sein, weil wir hier in Afrika sitzen! Ihr Lieben, wir denken an euch, und hoffen, dass ihr dieses wunderbare Schauspiel am Himmel genauso klar und deutlich genießen könnt, wie wir hier unten. Ihr habt es allerdings mit Sicherheit wärmer als wir. Wir müssen uns gerade mal wieder dicke Pullover und Daunenjacke holen, oder früh ins Bett gehen.
Beim Betrachten des sich verdunkelnden Mondes erfahren wir von den anderen Gästen, dass die Frau Schweizerin ist und sich für Hilfsprojekte in Afrika engagiert.
Ihr Begleiter ist Nande Junias, der Betreiber von Nande Junias Explorer Tours, der inzwischen als selbständiger Unternehmer Touristentouren in Swakopmund anbietet, ähnlich wie wir sie mit Eckehard unternommen haben. Hätten wir das bloß früher gewusst! Dann wäre vielleicht sogar ein Trommelkurs möglich gewesen und ein Teil des Geldes wäre Projekten zur Förderung der Bildung in den Townships zugute gekommen. Bald sei diese Homepage online: www. mondesafoundation.com. Gegen 22 Uhr wird es endgültig zu kalt. Wir ziehen uns nach backstage in unseren luxuriös gestalteten Umkleideraum zurück.
Die Unterkunft passt ja perfekt für euch! Warum hast du dich nicht auf die Bühne gestellt, Mama?
Habe ich doch. Dieter hat nur nicht fotografiert!