Norris Point am Gros Morne National Park Tag 2

20.8.2015 Norris Point am Gros Morne National Park Tag 2
Das Frühstück wird von Jean und Milton, unseren “Herbergseltern” – die erst seit Mai dieses Jahres diese kleine Pension leiten und eigentlich in Saint John’s leben – freundlich und sehr liebevoll zubereitet. Es gibt süßen Toast, viele selbst gebackene Küchlein, sehr lecker, Joghurt, O-Saft, Obstsalat, und man soll sich bedienen lassen. Heute habe ich mich noch nicht getraut zu sagen, dass ich gern etwas Herzhaftes dabei hätte, aber morgen ist ein neuer Tag. Während Milton, der aus einer zehnköpfigen Familie von hier stammt,  fleißig am Abtrocknen ist, setzt sich Jean zu uns und informiert ausführlich über alle Ausflugs- und Wandermöglichkeiten. Heute wollen wir den leichten, neun Kilometer langen Baker-Falls-Trail wandern. Gegen elf Uhr stehen wir auf dem Parkplatz vor dem Eingang. Es regnet. Es stehen noch mehr Autos hier, wir sind also nicht die einzigen. Es regnet doller. Ich stelle meinen Sitz in Liegeposition, wir können ja warten. Dieter versucht, uns ein Hörbuch im Auto abzuspielen. Klappt nicht. Der Regen hört nicht auf. Es bringt nichts, zu warten. Wir fahren nach Rocky Harbour und setzen uns in ein Café mit angeschlossenem Souvenirlädchen. Es ist proppevoll. Alle versuchen, die Zeit zu überbrücken, bis der Regen aufhört. Das mutet schon fast neufundländisch an. So muss es den Leuten hier doch im Winter gehen, wenn sie nicht nach draußen können, weil es zu kalt ist, zu stürmisch, eingesperrt in die warme Stube, und wenn die Zeit so langsam vergeht. Ein Paar aus Toronto setzt sich zu uns an den Tisch, Victoria und Gary. Sie sind seit diesem Jahr Rentner, beide waren Lehrer, die ihren Beruf sehr geliebt haben und sich jetzt allerdings freuen, dass sie nicht mehr dann verreisen müssen, wenn alle in Urlaub fahren. Vicky ist ursprünglich Italienerin…Wir erzählen, klönen, lachen, freuen uns über Gemeinsamkeiten, und plötzlich vergeht die Zeit wie im Fluge. Um halb drei trennen wir uns, verabreden uns noch für heute Abend zu einer “Kitchen Party” in der Anchor Bar, was uns Jean aus der Pension schon wärmstens empfohlen hatte. Es hat aufgehört zu regnen. Dieter und ich fahren noch einmal zum Baker-Falls-Eingang und machen den Walk. Herrlich! Frische Luft, zwar keine Sonne, aber es ist warm. Wir wandern viereinhalb Kilometer auf angelegten, schmalen Bretterstegen über sumpfiges Elchland, manchmal über Stufen voller Wasserpfützen hinweg, hin zu den kleinen Baker-Fällen, verweilen einige Augenblicke beim Rauschen des hinabstürzenden Wassers, und dann geht’s wieder viereinhalb Kilometer zurück, herum um die Pfützen auf den Stufen und auf den Holzbohlen. Elche haben wir nicht gesehen. Aber ich bin sicher sie uns.


Bei der “Kitchen-Party” am Abend wird Folkmusik von den Inseln dargeboten, und es werden Geschichten erzählt. Dave Shears heißt der Sänger, Gitarrist und Entertainer, der durch das Programm führt. Er ist, wie uns Jean erzählt hat, aus Rocky Harbour und eines von 18 Kindern seiner Mutter. Seine Mutter soll nebenan leben, in ihren Neunzigern und wohlauf sein. Wahnsinn! Alle Zuhörer werden eingeladen, etwas beizusteuern, und das wird lebhaft und gern angenommen. Ein Typ von der Prinz-Edward-Nachbarinsel trägt spontan mit Super-Stimme zur Gitarre ein paar Heimatlieder vor, eine Frau von Nova Scotia gibt eine Story zum Besten, alle bekommen irgendwann Percussion-Instrumente in die Hand gedrückt und rasseln und schrammen mit. Total locker und witzig das Ganze.

Nur schade, dass wir nicht jede Pointe der vielen vorgetragenen Geschichten verstanden haben!