Von Delhi nach Mumbai

Wir haben uns vom Taxi die fünf Kilometer zum Flugplatz bringen lassen. Klappte alles gut, wieder kein Übergewicht. Nur beim Handgepäck gab es Schwierigkeiten. Dieter hatte vergessen, die Schere aus dem Medikamentenbeutel zu nehmen. Nun ist es weg, das schöne Haarschneideteil! Mist! Dieter musste alles auspacken. Wieder wurde durchleuchtet. Irgendein Metallstück hatte sich unauffindbar irgendwo in Dieters Rucksack versteckt. Viel später hat Dieter es gefunden: ein Karabinerhaken hatte sich unter das Futter geschoben. Sie hielten Dieter trotzdem nicht für einen Bombenträger und ließen uns passieren.

Der Flug war ruhig und unspektakulär, nach zweieinhalb Stunden kamen wir in Mumbai an. Boh, war das heiß und feucht hier! Nach den hundert Metern bis zu den Taxen waren wir schon klitschnass. Unser Taxifahrer kam, und es ging zunächst vorbei an Slums – hier wurde vielleicht der Film “Slumdog Millionär” gedreht.  Ich fragte mich sofort, ob auch der Held aus meiner Reiselektüre “Shantaram” wohl hier gelebt hatte. Die Straßen waren gut ausgebaut, vierspurig, keine Kühe und Ziegen, viele Autos, die wir schon lange nicht mehr gesehen hatten: VW, BMW, Skoda, Mercedes. Und Hochhäuser, wau! Das war ein anderes Indien, als wir es bisher kennengelernt hatten! Irgendwann gab es auch keine Rikschas mehr, nur noch diese kleinen, schwarz-gelben Taxen. Es war Sonntag, und der Verkehr floss, geregelt durch  Ampeln, die auch tatsächlich beachtet wurden. Dieter meinte gleich, hier könnte er auch selbst fahren.Wir fuhren den Marine Drive, die Promenadenstraße, entlang und sahen den Chowpatty Beach. Strand, das hatten wir ja bisher noch gar nicht!

Nach ‘ner dreiviertel Stunde kamen wir in unserem Hotel im zentral gelegenen Stadtteil Fort an. Das Zimmer war zwar klein, höchstens 13 Quadratmeter, aber für ‘ne Großstadt okay. Wir sind gegen 16 Uhr losmarschiert, Richtung Arabisches Meer. Uns ist keine Kuh begegnet. Und die Straßen waren erstaunlich sauber. Es gab überall Mülleimer. Hin und wieder ein paar Bettler und Arme – eine etwa fünfzehnjährige Mutter ließ ihren Dreijährigen auf einem Seil balancieren – vielleicht waren beide auch zwei Jahre älter. Sie hatte schon ein weiteres Kind dabei.

Der Sonntagsverkehr war absolut erträglich, es wurde nicht viel gehupt, man konnte ohne Nervenzusammenbruch die Straße überqueren. Und: Wir wurden nicht dauernd angequatscht und in irgendwelche Emporien geschleppt. Nein, Mumbai machte hier zwischen den Vierteln Fort und Colaba einen geradezu europäischen Eindruck. Am Marine Drive saß man auf der Kaimauer oder schlenderte über die breite Promenade. Händler boten einen Chai, oder etwas zu essen an, aber alles war für Indien ruhig und überschaubar.

Auf der anderen Straßenseite sahen wir das InterContinental mit einer großen Balkonterrasse. Da mussten wir rein. Body- und Taschencheck, durch die vornehme Eingangshalle, im Fahrstuhl in den ersten Stock: Nein, draußen sei leider alles besetzt. Wir könnten aber gern im Dome-Restaurant einen Tisch bekommen. Ein Blick in die Speisekarte ließ uns rechtzeitig zurückschrecken. Für 60 Euro wollten wir heute nicht essen gehen. Die Empfangsdame meinte aber, dass wir es auf dem Rooftop, beim Pool versuchen könnten. Nichts wie rein in den Fahrstuhl! Es gesellten sich noch einige kichernde, aufgedrehte, gestylte junge Leute dazu. Oben angekommen sahen wir eine Menschenmenge von meist 18-25Jährigen, die alle zur Poolbar wollten. Nein, bloß kein Gedrängel! Hier waren wir nicht richtig. Wir kehrten auf der Stelle um. Inzwischen wissen wir, dass diese Rooftopbar mit Swimmingpool das Angesagteste ist, was Mumbai zu bieten hat. Hier trifft sich am Wochenende die Schickiemickieszene von Mumbai, und vor allem wohl diejenigen, die so gern dazu gehören möchten. Die Sonne war untergegangen, und wir spazierten zurück. Wir aßen in einem kleinen, im Reiseführer empfohlenen Restaurant, das zufällig ganz in der Nähe unseres Hotels war, ein erstes Fisch- und Crabcurry. Lecker und exzellent, Lätzchen inklusive! Da werden wir wohl noch einmal speisen.