Beim Frühstück waren wir nicht mehr die einzigen, zum Glück: Indische Geschäftsleute und auch sogar ein Englisch sprechendes, europäisches Pärchen saßen an den Nebentischen. Unsere Sightseeing-Tour konnte weiter gehen. Aus Patna raus, vorbei an Müll und Tausenden von Menschen, vorbei an den ewigen Bazaren,
auf eine richtig gut ausgebaute Autobahn – Lal juchzte vor Freude, es war Balsam für ihn und sein Auto. Wir kamen nach Nalanda. Beim Eingang bot sich der 68jährige Herr Prasada mit einem so herzerwärmend freundlichen Lächeln als Guide an, dass wir nicht ablehnen konnten. Obwohl er die Runden auf dem Ruinengelände der im fünften Jahrhundert florierenden, internationalen buddhistischen Universität schon seit 27 Jahren dreht, und das mehrmals am Tag, trug er sein Wissen mit solch einem Enthusiasmus vor, als wäre es das erste Mal. Lebendiger Geschichtsunterricht, wie die meisten ihn in der Schule nie genossen haben. In den Ausgrabungen sind die verschiedenen Stadien der Besiedlung von Nalanda in drei verschiedenen Etagen zu sehen. Groundfloor: fünftes Jahrhundert, erste Etage: siebtes Jahrhundert und das oberste Stockwerk: zwölftes Jahrhundert. Ganz unten waren die Ruinen der Schlaf- und Unterrichtsräume der Studierenden auf der einen Seite, und die Tempel mit Meditationsräumen und Buddha-Figuren auf der anderen Seite zu bestaunen. 10000 Studenten sollen hier damals von 1500 Dozenten in Mathematik, Philosophie, Medizin und vielen anderen Fächern kostenlos ausgebildet worden sein. Bei weiteren Ausgrabungen hat man Fundstücke gefunden, die sogar aus dem sechsten Jahrhundert vor Christus stammen, also aus Siddhartha Gautamas Lebenszeit. Herr Prasada meinte, dass zum Glück inzwischen weitere Ausgrabungen verboten seien. Allein das Gelände der ehemaligen Universität würde sich über zehn Kilometer Länge erstrecken. Und schon das jetzige Areal habe unzählige Menschen von ihrem Grund und Boden vertrieben. Würde weiter gebuddelt werden, würde auch Herr Prasada seine Felder verlieren.
Die nächste Station war Rajgir. Zunächst schauten wir uns einen japanischen Tempel an, den Venuvana Vihara, der an der Stelle steht, wo für Buddha einst ein Kloster errichtet wurde. Drinnen schlug ein Herr auf eine große Trommel und verteilte Süßigkeiten mit unverkennbarer Aufforderung zu einer Spende.
Draußen warteten unzählige Pferdekutscher darauf, dass Touris sich von ihnen zum nächsten Highlight von Rajgir fahren ließen. Wir hatten ja Lal. Wir stellten uns in die Schlange zum Einzelsessellift, als wären wir noch nie Seilbahn gefahren, und warteten geschlagene 45 Minuten eingesperrt in zwei Meter hohe Gitter und Drehschleusen mit Hunderten von entzückten Asiaten auf dieses für Indien wohl außergewöhnliche Event. Endlich saßen wir in unserem Sessel und fuhren in der klapprigen Seilbahn auf den Ratnagiri Hill zur Peace Pagode. Ständig winkte man uns fröhlich zu, und wie Weltstars wurden wir immer wieder zu Fotosessions eingeladen. Verwechselte man uns womöglich mit irgendwelchen amerikanischen Filmstars? Dieter schlug vor, zum nächsten Sightseeing-Ort neben den obligatorischen kleinen Rupienscheinen für Trinkgelder Fotokarten mit Autogrammen von uns einzustecken.
Wir erreichten Bodhgaya nicht vor Einbruch der Dunkelheit. Lal konnte seine Fahrkünste unter erschwerten Bedingungen einmal mehr unter Beweis stellen. Das Abendessen im Hotel war ausgezeichnet: Dieter hatte ein Bier bestellt und ich einen Wein. Ich bekam ein in eine Serviette gehülltes Glas mit Sherry und Dieter ein verhülltes Trinkglas mit Bier. Als er die ganze Flasche wollte, brachte der verstörte Kellner eine in blaues Tuch gehüllte Flasche mit weißem Bändchen fest verschnürt. Gerade wollte Dieter nach dem Etikett sehen, als ein zweiter Kellner herbeieilte und ihn bat, die Flasche unterm Tisch zu verwahren. Es würde gleich eine große Gruppe aus Vietnam kommen. Heimlich und verstohlen schüttete sich Dieter von dem anonymen Bier nach. Mir meinte der Kellner eine große Freude zu machen, indem er mich immer wieder schelmisch fragte, ob ich denn noch mehr Wein wolle. Aber ich war schon von dem ersten Glas Sherry high und musste ihn enttäuschen. Zwei Alkis aus Deutschland im buddhistischen Hotel. Das nächste Mal werden wir verzichten.
…wieso “posted by Sabbatjahr”? Habt Ihr Verlängerung beantragt?
Danke für den Hinweis. Der Geist dieses Blogs ist Sabbatjahr. Manchmal zeigt er sich noch. Liebe Grüße ins kalte Germany.