21.8.2017 Norris Point am Gros Morne National Park Tag 3
Beim Frühstück sind wir heute die einzigen Gäste. Jean kredenzt uns mit Gemüse gefülltes Rührei, Toasts, Obst, also alles, was das Herz begehrt, sogar etwas Herzhaftes, ohne dass ich etwas sagen musste. Wir unterhalten uns eine Weile, und erfahren, dass sie 2014 mit ihrem Mann eine viermonatige Reise nach Neuseeland unternommen hat, was sie in einem wunderschönen Fotobuch mit Text dokumentiert hat. Das hätte ich ihnen gar nicht zugetraut! Auch sie haben – wie wir – drei Kinder, und noch keine Enkel.
Gegen halb elf machen wir uns auf zum Western-Brook-Pond. Nach einer halben Stunde Fahrt nach Norden, am Sankt-Lorenz-Golf entlang, kommen wir zum Parkplatz. Es ist proppevoll. Na ist ja klar, die Sonne scheint, alle wollen nachholen, was gestern wetterbedingt nicht möglich war. Wir laufen eine gute halbe Stunde den Weg zum Bootsanleger hinunter, wieder auf Holzbohlen und durch eine Moorlandschaft. Auf Informationstafeln steht, dass es hier fleischfressende Pflanzen geben soll.
Unten angekommen, erhalten wir unsere vorbestellten Tickets und mit an die 80 anderen besteigen wir das eine von zwei Booten, die hier verkehren. Der Pond, der nach einer Kaltzeit vor ca. 20000 Jahren durch Eisschmelze entstanden ist und seine Verbindung zum Meer durch eine Küstenanhebung eingebüßt hat, besteht heute aus reinstem Süßwasser. Er ist an seiner tiefsten Stelle an die 170 Meter tief. Zwei Stunden tuckert der Kahn mit uns an schroffen Felsen entlang, die selbst mit wenig Fantasie sich schnell zu düsteren, bedrohlichen Gesichtern formen. Ganz am östlichen Ende gelangen wir zum Pissing Mare Wasserfall – immerhin mit 350 Meter Fallhöhe der zweitgrößte Kanadas – aber was für ein diskreditierender Name für solch ein Naturschauspiel!
Nachdem uns die Besatzung alle Informationen zum Pond auf Englisch und Französisch engagiert vorgetragen hat, ertönt Folkmusic aus den Lautsprechern. Wie schon gestern bei der “Kitchen Party” werden Löffel, Rasseln und andere Perkussionsinstrumente verteilt und alle Touris aufgefordert, das Liedgut damit rhythmisch zu bereichern. Es scheint eine Art neufundländischer Nationalsport zu sein, jedenfalls ist man leicht geneigt, den liebenswerten Animateuren abzunehmen, dass sie mit Herzblut und Leidenschaft dabei sind.
Abends treffen wir uns mit Gary und Vicky im Java Jack, einem kleinen mit diversen lokalen Kunst-und Kitschgegenständen ausgestatteten Restaurant in Rocky Harbour. Zu Gary’s großer Enttäuschung ist das Lobstergericht heute aus. Aber auch Kabeljau, Lachs oder Hähnchen werden hier exzellent zubereitet und serviert, so dass wir schließlich alle zufrieden sind mit diesem sowohl kulinarisch als auch kommunikativ gelungenen Abend.