Sechs wunderbare Urlaubswochen liegen hinter uns. Wir haben gestern ein letztes Mal im angenehm temperierten Atlantikwasser vor unserer Pousada gebadet – sogar die Sonne kam raus – ein letztes Mal Mariangelas hervorragendes Frühstück genossen, und dann ging es mit dem Auto zurück nach Recife. Dort haben wir uns noch einmal vom Ozean verabschiedet – es gab auch dort eine nette Strandpromenade, und wieder rauschten die Flutwellen heran und spritzten über die Kaimauer – ein letzter lauschiger Abend im Sommerkleid. Auch dort gab es später einen Schauer – aber was macht das schon bei den Temperaturen? Heute mussten wir um sechs aufstehen, um das Auto zur Mietabgabestation zu fahren. Klar, mal wieder voll im Berufsverkehr, mehr stehen als fahren, sechsspurige Straßen über- und untereinander und ohne Spuren wechselten mit engen Schlaglochpisten, und immer wieder über Kreuzungen ohne Ampeln fahren – es waren zumindest für mich nervenaufreibende 30 Minuten. Dieter und Kimi konnten das lockerer sehen. Dieter schaffte es wieder, und endlich waren wir das Auto los. Wir wurden zum Flughafen gefahren. Alles ging plötzlich sehr schnell. Ab ging es nach São Paulo. Und da sitzen wir jetzt. Kimi befindet sich schon über den Wolken, und wir müssen noch etwa eine Stunde auf unseren Flug warten. Morgen sind wir dann zuhause. Wau! Es war wieder abenteuerlich, faszinierend, abwechslungsreich, wunderschön und, sorry, liebe KollegInnen, liebe Mutti, liebe Marlene und lieber Marcel: immer noch zu kurz! Wir freuen uns riesig auf das Wiedersehen mit euch allen, die ihr uns über den Blog begleitet habt, danke für eure netten Kommentare, Glückwünsche und Lebenszeichen sonstiger Art. Bis dann.
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Baía da Traição Tag 4
Heute Morgen regnete es noch immer. Ärgerlich! Trotzdem war das Schwimmen im Meer nach morgendlichen Yogaübungen himmlisch! Ich war die einzige weit und breit. Nach dem wie immer reichhaltigen Frühstück mit Mariangelas leckersten Tapiocas Brasiliens machten wir mit Marco in seinem VW-Bus eine Tour ins Indio-Reservat der Potiguaras. In Camurupim hatte er für uns ein Boot geordert, in dem uns Kapitän Bilunga den Río Mamanguape hinunterfuhr. Plötzlich hielt Bilunga an, machte den Motor aus und rief: “Peixe Boi”. Wir sahen zunächst nur eine große, graue Flosse vor einem ankernden Fischerboot. Bilunga stakte das Boot näher heran. Und da hob tatsächlich eine riesige Rundschwanzseekuh – die älteste von den hier heimischen, wie Bilunga uns versicherte und Marco für uns übersetzte – genannt Tico, ihr Maul aus dem Wasser. Was für beeindruckende Zeitgenossen! Relikte aus der Dinosaurierzeit! Tico war fast vier Meter lang. Sechs haben hier, wo die zwei Flüsse Mamanguape und Estiía zusammenstoßen und ins Meer fließen, überlebt. Nur mit der Fortpflanzung würde es nicht klappen. Warum, wisse niemand. Hier im Reservat leben die Seekühe in freier Wildbahn und unter Naturschutz. Früher wurden sie hingegen von den Indios gejagt.
Ansonsten gäbe es sie heute nur noch in einem Zoo. Wir kamen an einer Sandbank mit tausenden von Krabben, die ihre Scheren wie Flügel gegeneinander schlugen, vorbei. Faszinierend! Weiter ging es. Es fing plötzlich an zu regnen, das Wasser peitschte uns ins Gesicht. Zum Glück hatte ich meinen Regenponcho eingesteckt, den ich mir eigentlich für die Wasserfälle von Iguazú gekauft hatte, zog ihn eiligst über, aber die anderen wurden klitschnass. Zunächst legten wir in Coquerinho an mit der Kirche Nossa Senhora dos Navegantes. Es schüttete und wir machten eine kleine Pause unter einem Dach.
Als es zu regnen aufgehört hatte, fuhren wir nach Barra de Mamanguape und Marco führte uns zu einem Manatee -Schutzzentrum, wo wir einen Videofilm über diese seltene Art der Rundschwanzseekühe – leider nur auf Portugiesisch – anschauten. Immerhin verstanden wir, dass es sich bei diesen seltenen Exemplaren um Säugetiere und reine Pflanzenfresser handelte. Beeindruckend! Wir verweilten noch ein paar Minuten am Strand – traumhaft schöner, feinkörniger Sand, keine hohen Wellen, menschenleer zu dieser Jahreszeit, und trotzdem waren eine Bar und ein Restaurant geöffnet.Wir fuhren weiter. Es fing wieder an zu schütten. Eigentlich wollte Marco uns auch noch die Insel mit den Schildkröten zeigen, das mussten wir wetterbedingt leider knicken. Als der Regen etwas weniger wurde, ging es stattdessen zu einem vorgelagerten Korallenriff, das sich kilometerlang wie ein Schutzwall vor der Küste hinzieht. Wir konnten aussteigen und, weil Ebbe war, darauf herumlaufen. Es lagen Tausende von bunten Steinen auf dem Riff, doch als ich ein paar einsammeln wollte, merkte ich, dass sie fest miteinander und mit dem Untergrund verwachsen waren. Es gelang mir lediglich, einen einzigen mit dem Fuß loszutreten. So habe ich nun einen Korallenstein für unsere Reiseandenkensammlung auf dem Kamin. Plötzlich schrie Kimi: “Da ist ein Delphin”. Tatsächlich. Zur offenen Meerseite hin konnten wir ihn beobachten.
Marco erzählte, dass sie manchmal auch hinter das Riff schwimmen würden, und man sie dann von seiner Pousada aus sehen könne. Wir freuten uns, dass wir diesen Trip mit Marco unternommen hatten, trotz des Regens. Gegen 15:00 Uhr legten wir wieder am Ausgangspunkt an, unser Bootsfahrer bekam seinen Lohn, und Marco fuhr uns zur Pousada zurück. Wir merkten uns die Strecke und kehrten in unserem GOL zum Essen noch einmal nach Camurupim zurück. Es gab leckere Camarão mit Reis, Maniokmus und Salat. Das können die Indio-Brasilianer. Plötzlich rief jemand “Peixe Boi”, und tatsächlich tauchte eine äußerst zutrauliche Seekuh am Ufer auf. Sie war sogar bereit, sich von einem brasilianischen Jungen und von Kimi füttern zu lassen. Sowas! Wann hat man schon mal die Gelegenheit, einem Urtier ins Maul zu schauen und ihm eine Mohrrübe zu verabreichen? Es war für alle ein beglückendes Erlebnis.
Wir fuhren den Matschweg – heute kannten wir uns mit den schlechten Straßenverhältnissen ja schon besser aus, und selbst ich war nicht mehr so ängstlich – gerade noch rechtzeitig vor Anbruch der Dunkelheit zurück und verbrachten unseren letzten Abend in Baía da Traição auf dem Dorfplatz, wo die Wellen bei Flut hoch über die Mauer spritzten, und ehrgeizige, kleine Brasilianer so geschickt Fußball spielten, dass ein Fiasko wie bei der letzten WM für Brasilien mit Sicherheit auszuschließen ist.
Wir genossen einen letzten Caipi, ein letztes Brahma am Abend in dieser schönen Bucht von Baía da Traição.
Baía da Traição Tag 3
Nachdem Dieter gestern eine wohlverdiente Fahrpause hatte, wollten wir heute zu einem weiteren Strand, nach Baía da Formosa. Nachts hatte es geregnet, aber heute Morgen schien wieder die Sonne. So könnte es gern bleiben! Dieter hatte sich eine Route an der Küste entlang ausgesucht, und so fuhren wir durch Baía da Traição, das sich erstaunlich lang hinzog, immer auf holprigen Pflastersteinen. Meine Güte, wieviele Brasilianer hier ihre Hütten direkt am Meer zum Verkauf anboten! Und dazwischen schick geflieste und renovierte Häuser, die auf mittelständischen Wohlstand hinwiesen. Irgendwann sollten wir links abbiegen, die Pflastersteine hörten auf, wir fuhren auf einem roten Sandweg durch Indianerland.
Nach Dieters Navi war das die richtige Straße. Dann kamen die ersten Pfützen, kein Problem. Aus den Pfützen wurden Wasserlachen, das schaffen wir. Aus den Wasserlachen wurden unübersichtliche kleine Seen mitten auf der Piste, die sich schon mal 20 Meter lang hinzogen. Dieter immer mit Karacho durch, Kimi saß vorn, ich auf der Rückbank. Mein Gott, waren wir hier wirklich richtig? Was, wenn wir steckenbleiben würden oder das Auto versagen würde? Ich war nicht amused. Nach ein paar Kilometern kam eine Siedlung, und wir fragten nach dem Weg. Wir sollten etwa 500 Meter zurückfahren und dann links abbiegen. Na dann! Doch auch hier handelte es sich nicht um eine Straße, die hätten wir ja gesehen, sondern um einen noch schmaleren wieder holprigen Feldweg. Es wurde nicht besser. Bei jedem Gewässer mussten wir die Fenster schließen, damit der rote Matsch nicht ins Auto spritzte. Unser Leihauto sah aus wie Sau. So fuhren wir kilometerlang durch indio-brasilianische Pampa. Dieters Navi zeigte immer parallel zu unserem Weg eine Straße an, die wir jedoch nie erreichten. Es gab sie wohl gar nicht, und das Navi konnte nur den Verlauf des Weges nicht korrekt ausweisen. Irgendwann um die Mittagszeit kamen wir tatsächlich auf eine Hauptstraße und gelangten zum schönen Strand von Baía de Formosa.
Es fing an zu nieseln. Wir tranken ein Kokoswasser in einer kleinen Bar. Gegenüber in der Bucht fuhren Jeeps am Strand entlang. Da könnte man sich wohl bei Ebbe als Touri kutschieren lassen, zu immer schöneren Stränden. Als der Regen aufhörte, begnügten wir uns allerdings damit, an diesem Strand entlang zu schlendern. Einige Leute badeten in Badegumpen, wo Wasser stehen geblieben war. Plötzlich kamen wir an einen Busparkplatz, wo fünf große Reisebusse standen und aus einem Restaurant Live-Musik zu hören war. Wir zogen es vor, uns eine hoch oben gelegene Pousada anzuschauen, von wo aus wir einen herrlichen Blick über die Bucht hatten, einen Salat aßen und den ganzen Nachmittag verweilten, weil es inzwischen richtig zu schütten angefangen hatte.
Wir schafften es vor Einbruch der Dunkelheit, diesmal auf der Hauptstraße, nach Baía da Traição zurückzukehren.
Baía da Traição Tag 2
Es hatte nachts geregnet, doch morgens schien wieder die Sonne. Faulenzen war angesagt. Vorm Frühstück sind wir ins Meer. Es war ein wunderbarer Strand hier vor unserer Nase, flach und feinsandig ging es ins Wasser, keine gefährlichen Wellen, wir konnten ausgiebig und lange schwimmen. Und: Wir waren die einzigen. Die Strände hier in Paraíba sind touristisch noch nicht so erschlossen, und es ist zur Zeit keine Hochsaison. Beim Frühstück bot Mariangela uns Ihre Spezialität an: Tapioca Italienne. Ein Gedicht! Es war eine Art mit Banane und Scholadencreme gefüllter Pfannkuchen, der Teig wird allerdings aus Maniok-Mehl und Wasser hergestellt. Mariangela hatte ihre Spezialität hübsch zu einem lustigen Gesicht verziert und mit Blüten serviert. Einfach rührend, wieviel Mühe die sich für unser Wohlbefibden geben!
Außerdem boten sie an, für uns eine Bootsfahrt zu den Seekühen zu organisieren, die es nur hier in Brasilien gibt. Das werden wir wohl am Sonntag machen. Marco meinte, dass es am Wochenende hier sicher voller werden würde. Wir lasen, schrieben am Blog weiter oder luden Fotos hoch. Das Auto konnte heute stehenbleiben. Wir liefen am Strand entlang, immer nach Süden.
Es war inzwischen Flut und der Strand wurde fast vollständig überspült, so dass wir lieber umkehrten. Der Dorfplatz bei Tage und bei Flut sah ganz anders aus, als gestern Abend. Er wurde ständig von Wellen überspült – ob das wohl immer so ist oder ausgerechnet heute der Wasserpegel ungewöhnlich hoch war? Wir tranken eine Caipirinha, schlenderten wieder zu unserer Pousada zurück, und dann war es auch schon Zeit für das Abendessen.
Marco hatte uns bei einem Restaurant im Dorf angemeldet, half uns sogar, mit der Speisekarte klarzukommen. Wir blieben den ganzen Abend die einzigen Gäste – und ohne uns hätte der Gastwirt sein Lokal gar nicht geöffnet. Es gab Kabeljau mit Krabben, Reis und frittierten Maniok. Nicht schlecht, in Olinda hat es allerdings besser geschmeckt.
Von Olinda nach Baía da Traição Tag 1
Wir genossen noch einmal das hervorragende Frühstück in unserem gesicherten, kleinen Paradiesgarten mit Kolibris, Schmetterlingen und diversen Katzen, Ingrid übersetzte netter Weise die Gründe für unsere vorzeitige Abreise in dieser Herberge und versicherte, dass es nichts mit der hervorragenden Versorgung und der heimeligen Unterkunft zu tun hatte. Da wir nicht mehr genügend Bargeld hatten und der Visa-Automat kaputt war, half sie uns noch einmal und wechselte Euro in Real, so dass wir losfahren konnten. Tschüss, Ingrid, es war total nett, dich kennengelernt zu haben!
Tschüss, Olinda! Ich habe mir noch schnell für die letzten Urlaubstage ein Strandkleid gekauft, das ich in einer Boutique schon am ersten Abend entdeckt hatte. Es passte. Meine ganzen Kleider, die ich eingepackt hatte, waren zu fein für einen Strandurlaub, und T-Shirts, selbst mit kurzen Ärmeln, sind für diese Temperaturen zu warm. Etwa zur Mittagszeit erreichten wir das Örtchen Jacumá, wo wir nach dem dritten Anlauf die Praia de Coqueirinho fanden, einen der bekanntesten Strände in Paraíba. Leider waren Kimi und mir die Wellen zu hoch, so dass nur Dieter sich hinter die Brandung traute. War trotzdem schön.
Wir relaxten bei einem leckeren Hähnchengericht mit frittierten Maniokwurzeln – werden hier statt Pommes Frites oder Kartoffeln gern als Beilage verwendet und schmecken richtig gut. Gegen 16 Uhr ging es weiter. Das war etwas zu spät und nicht klug, weil wir so erst im Dunklen bei unserer neuen Pousada ankamen. Wir mussten trotz Navis immer wieder nach dem Weg fragen, es gab kaum Schilder, und die Straßen waren schlecht, mit vielen Löchern und Buckeln. Aber Dieter meisterte es wieder. Marco und Mariangela erwarteten uns schon und schienen glücklich, ein paar Gäste auch unter der Woche beherbergen zu können. Sie haben die Pousada vor drei Jahren eröffnet und kommen beide aus Italien. Er hatte dort als Fotograf gearbeitet, doch ließ sich damit kein Geld mehr verdienen. Zusammen sind sie viel gereist und haben drei Reiseführer auf Italienisch herausgebracht und einen wunderschönen Fotoband über diese Gegend hier, den Nordosten von Brasilien. Es gibt in der Nähe ein Reservat, in dem bis heute Tupi-Guarani-Indios leben. Nachdem wir unsere neue Unterkunft für gut befunden hatten – es gab eine schöne Dachterrasse, von der man direkt auf das Meer blicken konnte, und der Strand lag vor der Tür – schauten wir uns das kleine Fischerdorf Baía da Traição an. Abends versammelten sich die Einheimischen auf dem Dorfplatz direkt am Wasser, Musik schallte aus einer Anlage herüber, man trank Bier oder Caipirinha, man aß einen Fleisch- oder Käsespieß vom Grill, beobachtete das Treiben oder ließ den Blick über das Meer schweifen. Einige junge Männer gingen an den Strand – es war gerade Ebbe – und kontrollierten die ausgelegten Fischernetze. Wir hatten den idealen Ort für unsere letzten Urlaubstage gefunden.